Es war einmal ein geiziger Bauer mit einem zotteligen Hund. Er war reich, aber außer ihm und dem Hund bekam das niemand zu spüren. Beide lagen ganzen Tag faul in der Stube und schnarchten. Der Hund bekam alles. Das Mädchen aber, das seit einiger Zeit beim Bauern im Dienst war, die war schlecht dran. Mutter und Vater waren gestorben, niemanden hatte sie, da sprach der Bauer: „Hör auf zu heulen, komm mit, du wirst bei mir Ziegen hüten und die Kühe melken!“
Da ging sie mit, aber sie hatte es viel schlechter als der zottelige Hund des Bauern.
Der bekam Fleisch und Butter, das Mädchen trockenes Brot.
Der Hund schlürfte Sahne aus der Schüssel, das Mädchen bekam Wassersuppe.
Der Hund schlief auf seidenen Kissen, das Mädchen auf einem zerrissenen Strohsack direkt neben dem Stall bei den Ziegen und den Kühen.
Der Bauer hatte ein böses Herz, das Mädchen ein gutes – als wäre es mit Honig gefüllt. Wenn das Mädchen nun tagsüber die Ziegen auf den Wiesen weiden ließ, traf sie manchmal einen armen Hirten, der ebenfalls mit seinen Ziegen unterwegs war. Die beiden mochten sich von Anfang an. Oft unterhielten sie sich miteinander.
Einmal schaute eine Schlange unter dem Gebüsch hervor und beobachtete alles neugierig. Sie hatten schon lange keine Menschen mehr gesehen, die so ein gutes Herz hatten. „Sind die beiden wirklich so gute Menschen? Dann würde ich ihnen gern helfen. Aber ich werde sie auf die Probe stellen.“
Am nächsten Tag, als das Mädchen wieder in der Nähe Ziegen hütete, hörte sie ganz deutlich jemanden wehklagen. Sie lief zu dem Gebüsch, beugte sich tief und sah eine Schlange, die sich mit ihrem Schwanz ihre Triefaugen wischte. „Warum klagst du so? Was tut dir weh?“ Da begann das Tier zu sprechen: „Ich bin hungrig und müde. Ich brauche einen Unterschlupf.“ Da gab das Mädchen der Schlange von der Ziegenmilch und nahm sie später auf dem Heimweg mit. So zog das Tierlein mit bei dem Mädchen in der Kammer ein. Auch suchte das Mädchen ein Körbchen, darin richtete sie der Schlange ein Bettchen: „Bei dir will ich gern bleiben und ich werde für dein Glück sorgen. Gib mir jeden Tag ein Schälchen Milch, so wird es auch dir an nichts fehlen.“
Die Schlange, sie wuchs und wuchs. Da kam der Tag, an dem sie nicht mehr in das Körbchen passte. Als das Mädchen wieder einmal den Hirten traf, erzählte sie davon und er sprach zu ihr: „Wenn ich du wäre, dann legte ich sie in einen großen Korb, da würde sie besser hineinpassen.“ Die Schlange wohnte nun in einem großen Korb und bekam täglich ihr Schälchen Milch. So verging die Zeit und aus dem Mädchen wurde eine schöne junge Frau: „Wo nur das Glück bleibt, welches mir die Schlange versprochen hat?“, fragte sie sich. „So viele Jahre lebt sie mit hier im Stall, lebt von der Milch und ich muss so viel harte Arbeit tun. Wie mag sie das nur gemeint haben.“
Da waren nun sieben Jahre vergangen und eines Morgens schaute das Mädchen in den Korb. Da war die Schlange verschwunden. Sie eilte vor die Tür und sah, wie die Schlange hinter einem Stein ins Gebüsch verschwand: „Wo willst du hin? Warum gehst du fort? Habe ich dich schlecht behandelt? Um Himmels Willen, komm zurück. Oh bitte, komm zurück, ich mache mir solche Sorgen um dich!“ Das Mädchen rannte hinter der Schlange her, rief und rief. Doch sie antwortete nicht. Je schneller das Mädchen rannte, desto weiter entfernte sich die Schlange. Da setzte sich das Mädchen auf einen nahen Felsen und weinte bitterlich. Plötzlich tauchte die Schlange vor ihren Füßen auf und sagte: „Jetzt sehe ich, dass du mich wirklich liebst. Diesen Beweis für deine Liebe habe ich erhofft und da unsere gemeinsame Zeit nun ein Ende nimmt, sollst du schon bald ein wunderbares Geschenk bekommen.“ So schlängelte die Schlange davon und das Mädchen lief ganz gedankenverloren zurück.
In jener Stunde war der Hirte beim reichen Bauern und fragte, ob er das Mädchen zur Frau nehmen könne. Doch der reiche Bauer lachte vor lauter Hohn: „So ein armer Schlucker wie du, haha. Niemals wirst du diese schöne Frau bekommen. Du kannst wiederkommen, wenn du mal so reich bist wie ich und so viele Tiere hast wie ich!“
Doch von diesem Tage an hatte der reiche Bauer kein Glück mehr. Seine Tiere litten an verschiedenen Krankheiten. Einige verunglückten, fielen in eine Schlucht und starben. Als ein Wolf sich über seine Ziegen im Pferch hermachte, war das Unglück vollkommen und der Tag kam, an dem der Ziegenhirte ebenso viele Tiere hatte, wie der Bauer. Beide waren gleich reich – oder gleich arm … ganz wie du willst.
Da kam der Hirte abermals zum Bauern und hielt um die Hand des Mädchens an. Diesmal war der Bauer froh und stimmte zu.
Als das Mädchen sich ihr Brautkleid anzog und sich vor den Spiegel setzte, um sich ihr Haar zu kämmen und den Brautkranz aufzustecken, schlängelte etwas heran. Schlängelte sich auf ihre Schulter und sprach: „Nun ist es soweit, ich sage DANKE.“ Die Schlange neigte ihren Kopf und ließ eine winzige goldene Krone in den Schoß der Braut fallen. „Nimm diese Krone und halte sie in Ehren, so wird sie dir viel Glück bringen.“
Die jungen Leute hatten in allen Dingen Glück und Segen. Sie waren gut zueinander, hatten viele Kinder und wurden wohlhabende und angesehene Leute im Dorf.
In stillen Stunden nahm die Frau ihr Brautkästchen und hielt das Krönchen in der Hand. Sie dachte voller Dankbarkeit an diese besondere Freundschaft zurück und lebte zufrieden bis an ihr Ende.
Herzliche Grüße
Katrin Bamberg
Öffentliche Erzähltermine:
Samstag, 15.11.2025 ab 18 Uhr, s blaue Hus Nordrach – Kulinarischer Märchenabend
Sonntag, 16.11.2025 16 Uhr, Kappelrodeck – Märchen für Familien
Samstag, 22.11.2025 15 Uhr, Waldorfschule Offenburg – Märchen/Weihnachtsmarkt
Samstag, 22.11.2025 18 Uhr, Elektro-Hartmann – Märchen/Weihnachtsmarkt
Dienstag, 25.11.2025 15 Uhr, Mediathek Oberkirch – Winterzauber
Sonntag, 30.11.2025 13 Uhr, Legelshurst – Märchen/Weihnachtsmarkt
Samstag, 06.12.2025 15 Uhr, Schauenburg Oberkirch – Winterzauber
Sonntag, 07.12.2025 15.30 Uhr, Stadtspeck Offenburg – Bürgerpark
Sonntag, 14.12.2025 11 Uhr, Emmendingen – Schloßkeller
Sonntag, 21.12.2025 15 Uhr, Theater der 2 Ufer – Sonntagsmärchen