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Horst Kiss und seine Theaterwelt: Wo das Publikum zum Ensemble wird

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Horst Kiss und seine Theaterwelt: Wo das Publikum zum Ensemble wird

 

#RegioGespräch: Kehl-Goldscheuer verwandelt sich in eine kulturelle Oase – Mit nur 20 Plätzen schafft ein Theaterpaar große Momente

In Kehl-Goldscheuer, nur einen Steinwurf von der Europabrücke entfernt, hat sich ein außergewöhnliches Kulturprojekt etabliert: Die Theaterwelt. Diplom-Schauspieler Horst Kiss und seine Lebensgefährtin Maike Blaszkiewiez haben hier einen magischen Ort geschaffen, wo die vierte Wand nicht existiert und jeder Abend zu einem gemeinsamen Erlebnis wird.

September 2025, Kehl-Goldscheuer, apg: Es ist einer dieser Momente, in denen man spürt, dass gleich etwas Besonderes beginnt. Am anderen Ende der Telefonleitung meldet sich Horst Kiss – frisch aus dem Urlaub zurück, voller Tatendrang und mit dieser ansteckenden Begeisterung, die nur Menschen ausstrahlen, die ihre Berufung gefunden haben. Unser Gespräch entwickelt sich zu einer faszinierenden Reise durch ein Leben, das dem Theater gewidmet ist.

Von Rumänien auf die Bretter, die die Welt bedeuten

Die Geschichte beginnt in einer deutschen Enklave in Rumänien, dem Banat. Ein kleiner Junge liegt an der Bühnenkante bei Hochzeiten und Kirchweihfesten, saugt die Musik auf, bewundert die Musiker. Mit neun Jahren erhält er Klarinettenunterricht, mit elf kommt die Familie nach Deutschland – nach Heidelberg. Der junge Horst Kiss tanzt, moderiert mit 16 seinen ersten Jugendtanztag und spielt in Schultheaterproduktionen mit. Die Würfel sind gefallen: Bei der zweiten Aufnahmeprüfung klappt es – die renommierte Schauspielschule in Frankfurt am Main nimmt ihn auf.

"Das Schicksal war besiegelt", erzählt Kiss mit einem Lächeln in der Stimme. Fast 20 Jahre arbeitet er anschließend im Stadttheaterbereich, sammelt Erfahrungen auf großen Bühnen, inszeniert, unterrichtet. Doch 2015 ändert die Liebe alles: Er folgt seiner heutigen Lebensgefährtin Maike Blaszkiewiez nach Kehl.

Die Geburt eines Wohnzimmertheaters

Die Geburt eines WohnzimmertheatersWas als Neuanfang in der Grenzstadt beginnt, entwickelt sich zu einem mutigen Kulturprojekt. Nach ersten Engagements beim Theater Baal Novo und dem Theater der zwei Ufer spürt Kiss: Er benötigt seinen eigenen kreativen Raum. Gemeinsam mit Blaszkiewiez, einer talentierten Künstlerin für Design, Konzeption und Dramaturgie, und einem kleinen, aber feinen Ensemble gleich gesinnter Künstler macht er sich auf die Suche.

2022 finden sie ihr Paradies: Ein Raum in der Römerstraße 82 in Kehl-Goldscheuer, dazu 100 Quadratmeter Freifläche für Sommertheater. Die Theaterwelt ist geboren – ein Wohnzimmertheater mit gerade einmal 20 Plätzen, wo der Zuschauer zum Teil des Geschehens wird.

"Man muss die Nähe mögen", gibt Kiss zu bedenken. "Es gibt keine Rampe, keinen Vorhang. Man ist unmittelbar dran." Doch genau diese Intimität macht den Zauber aus. Hier entstehen keine anonymen Theaterabende, sondern gemeinsame Erlebnisse. Die Zuschauer kommen 20 Minuten früher, genießen die Kaffeehausatmosphäre, kommen ins Gespräch. Nach der Vorstellung bleibt man gerne noch auf ein Glas.

Das Ensemble: Eine Theaterfamilie mit Herzblut

Hinter der Theaterwelt steht nicht nur ein Paar, sondern eine verschworene Gemeinschaft von Künstlern, die ihre Leidenschaft teilen. Neben Horst Kiss als Diplom-Schauspieler, Regisseur und Theaterpädagoge und seiner Lebensgefährtin Maike Blaszkiewiez, die für Design, Konzeption und Dramaturgie verantwortlich zeichnet, gehört auch Wolfgang Weber zum festen Kern. Der Musiker und Schauspieler, den Kiss liebevoll als "Naturbegabung" bezeichnet, bringt seine vielfältigen Talente ein und verleiht den Produktionen eine besondere musikalische Note.

Komplettiert wird das Ensemble durch eine ehemalige Nachbarin mit einem ausgeprägten Hang zur Literatur und Lyrik, die bei inszenierten Lesungen und literarischen Abenden ihr Können unter Beweis stellt. "Diese Faktoren haben alle zusammengefasst", erinnert sich Kiss an die Anfänge. Es ist diese Mischung aus professioneller Erfahrung und authentischer Begeisterung, die jede Vorstellung zu etwas Besonderem macht. Eine Theaterfamilie im wahrsten Sinne des Wortes, die nicht nur auf der Bühne, sondern auch dahinter harmoniert.

Ein buntes Programm für alle Generationen

Wussten Sie schon? 7 Fakten über die Theaterwelt Kehl-Goldscheuer

- Nur 20 Plätze machen jeden Theaterabend zu einem exklusiven Erlebnis

- Im Sommer verwandelt sich der 100 qm große Garten in eine Freilichtbühne
- Das Ensemble besteht aus professionellen Schauspielern, Musikern und Literaturliebhabern
- Eröffnungsveranstaltungen haben oft freien Eintritt. Spenden sind Willkommen.
- 30% der Besucher kommen aus dem gesamten Ortenaukreis, nicht nur aus Kehl
- Ab 15 Personen sind exklusive Vorstellungen für Gruppen buchbar
- Horst Kiss unterrichtet parallel in Straßburg, Fautenbach und verschiedenen Schulen

Das Repertoire der Theaterwelt liest sich wie eine Liebeserklärung an die darstellende Kunst in all ihren Facetten. Die neue Saison, die Ende September 2025 startet, bietet ein beeindruckendes Portfolio:

Für die kleinen Theatergäste:Für die kleinen Theatergäste:

  • "Ferdinand der Stier" – ein Mitmachtheater zum Weltkindertag, bei dem die Kinder aktiv in die Geschichte eingebunden werden
  • "Bambi" – Felix Saltens Klassiker als inszenierte Lesung mit stimmungsvollen Bildillustrationen
  • Puppentheater und fantasievolle Hörspiele, die Kinderaugen zum Leuchten bringen
  • Bastelworkshops, in denen kleine Hände große Kunst erschaffen

Für erwachsene Kulturliebhaber:

  • "Was Frauen wirklich wollen (und Männer zu wissen glauben)" – eine spritzige Komödie, die bereits jetzt Gruppen für Betriebsausflüge anlockt
  • Ein herbstliches Programm über das "Stirb und Werde" mit Texten von Hermann Hesse, Rilke und Eichendorff
  • Krimidinner, bei denen das Publikum zu Hochzeitsgästen oder Kneipenbesuchern wird
  • Inszenierte Lesungen und Live-Hörspiele
  • Programme mit französischen Chansons, die die Nähe zum Elsass musikalisch zelebrieren

Als besonderes Weihnachtshighlight plant Kiss die Inszenierung von "Ochs und Esel" – eine Geschichte aus dem Stall von Bethlehem, die gleichermaßen Kinder wie Erwachsene verzaubert.

Theater als Lebensschule

Besonders am Herzen liegt Horst Kiss die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Seit dem Jahr 2000 widmet er sich der Theaterpädagogik, und seine Erfahrungen sind heute wertvoller denn je. "Ich merke den Unterschied zu vor 25 Jahren", reflektiert er nachdenklich. "Die Gewohnheit, mehrere Stunden pro Tag nur über ein Medium zu kommunizieren – da geht etwas verloren. Offenheit, Selbstbewusstsein, die Fähigkeit zur direkten Kommunikation."

Seine Theaterkurse sind mehr als nur Schauspielunterricht. Sie sind Persönlichkeitsentwicklung, Selbstfindung, ein Ventil für Gefühle und Träume. In Fautenbach bei Achern erlebte er mit einer Grundschulproduktion des "Kleinen Prinzen" wahre Sternstunden: "Da waren Überflieger dabei, sehr begabte Kinder und eine Riesenmotivation."

Aber auch die Herausforderungen verschweigt er nicht. In der multikulturellen Falkenhausen-Schule in Kehl ist die Arbeit aufreibender. "Ein großer Bedarf ist da, mit Regeln umzugehen, für andere da zu sein." Doch gerade hier zeigt sich die transformative Kraft des Theaters: Eltern berichten begeistert von Kindern, die sich positiv ausgetobt haben, die gelernt haben, in der Gruppe Verantwortung zu übernehmen.

"Das Theater ist eine moralische Anstalt" – Schillers berühmte Worte scheinen wie geschaffen für die Arbeit, die Kiss und sein Team leisten. Sie geben jungen Menschen nicht nur eine Bühne, sondern das Selbstvertrauen, ihre eigene Geschichte zu erzählen. Doch vielleicht trifft es Bertolt Brecht noch genauer, wenn er sagt:

"Die Kunst ist nicht ein Spiegel, den man der Wirklichkeit vorhält,
sondern ein Hammer, mit dem man sie gestaltet."

In der Theaterwelt Kehl-Goldscheuer wird beides Wirklichkeit: Der Spiegel, in dem sich junge Menschen selbst erkennen, und der Hammer, mit dem sie ihre eigene Geschichte formen können.

Kehl: Ein Kulturstandort mit europäischem Flair

Kehl: Ein Kulturstandort mit europäischem FlairDie Lage der Theaterwelt ist kein Zufall. Kehl, die Stadt an der Europabrücke, hat sich in den letzten Jahren zu einem bemerkenswerten Kulturstandort entwickelt. Die Nähe zu Straßburg, die deutsch-französische Geschichte, der "Melting Pot" verschiedener Kulturen – all das spiegelt sich im Programm der Theaterwelt wider.

Kiss selbst arbeitet regelmäßig in Straßburg, gibt Kurse in Guebwiller und hat dort ein bemerkenswertes Projekt über Albert Schweitzer realisiert. Diese grenzüberschreitende Kulturarbeit ist Teil der DNA der Theaterwelt. "Wir verstehen uns als Theater, als Stätte der Begegnung", betont Kiss. Und tatsächlich: Wo sonst verschwimmen die Grenzen zwischen Bühne und Zuschauerraum, zwischen deutscher und französischer Kultur, zwischen Jung und Alt so organisch?

Die Kunst des intimen Theaters

Was macht den besonderen Reiz eines Wohnzimmertheaters aus? "Jede Vorstellung hat eine andere Atmosphäre", schwärmt Kiss. Bei Krimidinners werden die Zuschauer zu Mitspielern, bei den Schwarzwaldmärchen erzeugen sie mit verteilten Geräuschemachern die Morgenstimmung im Wald. "Es geht uns um das gemeinsame Erlebnis", erklärt der Theatermann.

Diese Unmittelbarkeit hat natürlich auch ihre Herausforderungen. 20 Plätze bedeuten: Wer zu spät kommt, findet keinen Einlass mehr. Reservierung ist Pflicht. Doch das schafft auch Exklusivität. "Wer einmal bei uns war, die meisten sind Wiederholungstäter", verrät Kiss mit hörbarem Stolz.

Die begrenzte Platzzahl macht die Theaterwelt auch zum perfekten Ort für besondere Anlässe. Firmenfeiern, Weihnachtsfeiern, Geburtstage – ab 15 Personen gibt es exklusive Vorstellungen. "Wir machen dann einfach eine Extra-Vorstellung", versichert Kiss. Eine charmante Alternative zum üblichen Restaurant-Besuch.

Herausforderungen und Visionen

Bei aller Begeisterung verschweigt Horst Kiss nicht die Herausforderungen. "Das Theater am Laufen zu halten, rein wirtschaftlich, das ist die größte Herausforderung." 20 Plätze generieren keine großen Einnahmen, die GbR-Form erschwert den Zugang zu Fördergeldern. Doch Kiss und Blaszkiewiez geben nicht auf. Sie denken über die Gründung einer gemeinnützigen Organisation nach, suchen neue Fördertöpfe, arbeiten unermüdlich an Werbung und Öffentlichkeitsarbeit.

Die Vision ist klar: Die Theaterwelt soll bleiben, wachsen, noch mehr Menschen erreichen. "Wir bieten für Kehl und Umgebung etwas in einer Nische an, mit einem Alleinstellungsmerkmal", ist Kiss überzeugt. Und tatsächlich: Ein solch intimes, professionelles und zugleich nahbares Theater sucht in der Region seinesgleichen.

Ein Appell an die Ortenau

Was würde Horst Kiss der Ortenau zurufen, wenn er ein Megafon in die Hand gedrückt bekäme? Seine Antwort kommt spontan und von Herzen: "Scheut euch nicht vor der Nähe! Lasst euch vom Thema inspirieren, nicht von Scheuklappen leiten."

Es ist ein Plädoyer für Offenheit, für neue Erfahrungen, für die Magie des Live-Erlebnisses in einer zunehmend digitalen Welt. Die Theaterwelt ist mehr als nur eine Spielstätte – sie ist ein Gegenentwurf zur Anonymität großer Kulturhäuser, ein Ort der Begegnung, des Austauschs, der gemeinsamen Erfahrung.

Die Zukunft beginnt heute

Mit dem Saisonstart Ende September 2025 beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte der Theaterwelt. Das Programm verspricht Unterhaltung, Tiefgang, Überraschungen. Von der leichten Komödie bis zur philosophischen Reflexion, vom Kindertheater bis zum Krimidinner – hier findet jeder sein persönliches Highlight.

Die Botschaft ist klar: Kultur braucht keine Schwellenangst. Man muss sich nicht schick anziehen, muss kein Vorwissen mitbringen. Man muss nur neugierig sein, offen für neue Erfahrungen, bereit für die Begegnung – mit der Kunst, mit anderen Menschen, mit sich selbst.

In einer Zeit, in der Streaming-Dienste und Social Media unseren Kulturkonsum dominieren, ist die Theaterwelt eine Oase der echten, unmittelbaren Erfahrung. Hier wird Theater wieder zu dem, was es in seinen Ursprüngen war: Ein gemeinschaftliches Ritual, eine geteilte Reise in andere Welten, ein Spiegel unserer selbst.

Ihre Eintrittskarte in die Theaterwelt

Die neue Saison steht vor der Tür, die ersten Vorstellungen sind bereits ausgebucht. Wer die Magie des Wohnzimmertheaters erleben möchte, sollte nicht zögern. Weitere Informationen gibt es auf www.theaterwelt.online, per E-Mail oder telefonisch. Und wer weiß – vielleicht wird aus einem Theaterbesuch der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Denn in der Theaterwelt Kehl-Goldscheuer ist das Publikum nie nur Zuschauer, sondern immer auch Teil der großen Theaterfamilie.

Haben Sie schon einmal Wohnzimmertheater erlebt? Was bedeutet Ihnen die persönliche Nähe bei kulturellen Veranstaltungen? Teilen Sie Ihre Gedanken und Erfahrungen mit unserer Regio-Community!

Die Theaterwelt, Römerstraße 82, 77694 Kehl-Goldscheuer. Alle Informationen zum aktuellen Spielplan und Tickets unter www.theaterwelt.online

Last but not least: Der Youtube-Kanal benötigt noch Abos! ;-)

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